tenebrae

 
 

 Tenebrae

Eine einzigartige Reise in die Finsternis.
Wandern in den Adern der andern

Vor 9 Jahren erhielt ich die Anfrage vom Theaterverein Raron, ob ich die Uraufführung des Stückes «Tenebrae» 2013 inszenieren möchte.

Ich fühlte mich sehr geehrt und nach einigen Treffen und Lesen der Urfassung von Hubert Theler, entschloss ich mit meinem Team dieses Projekt anzugehen. 

Von der ersten Sekunde an fühlte ich mich verstanden und spürte das Vertrauen des Theatervereins.

Allerdings nach der ersten Lesung mit den Schauspielern merkte ich, dass dies ein schwerer Brocken Arbeit wird und eine lange Reise. Oftmals ist, «Der Weg das Ziel» und genau das Motto gab ich mir als Regieaufgabe vor. Ich lies mich von den Proben, dem Werk und den Schauspielern treiben, bis wir den richtigen Weg, Text und Umsetzung gefunden hatten.

Viele Umwege sind wir gegangen, auch sind wir oftmals an die vorherige Kreuzung wieder zurückgelaufen. Teils steinig und sehr langsam und mühselig ging es zuweilen voran. Doch am Ende, erschöpft aber überglücklich, sahen wir das Ziel und erreichten es.

Der Mut des Theatervereins ein solches Projekt anzugehen, wurde belohnt. Tenebrae war Avantgarde, modern und so aktuell, dass es uns fast den Atem nahm.

Es war damals an der Zeit, der Tradition wegen wieder ein Mysterienspiel in Raron zu inszenieren. Doch man wollte nicht das «klassische Spiel» mit Palmwedel und Esel und den klassischen Bildern der Passion, sondern man wünschte sich eine moderne Passion im Hier und Jetzt. Kann das gehen? Kann das gehen, ohne die Tradition zu denunzieren und die Bibel zu düpieren und alle zufrieden zu stellen???

Und wie das ging! Huber Theler war ein Meisterwerk gelungen!

Doch brauchte ich sehr lange, sein Werk wirklich knacken zu können. Ich denke, es ist mir erst in der Mitte der Probenzeit gelungen. Ich erinnere mich, wie ich in einer der Soloproben mit Mathatias, gespielt von Egon Schmid, aufsprang und schrie «Ich habs`s, er meint das Gewissen! Hubert meint tatsächlich das Gewissen der Menschheit». Alle schauten mich an und Stefan Brux löste die Spannung auf und sagt «Du Fuchs, tatsächlich du hast recht!».

Das Rätsel, welches wir gerade, geknackt hatten, hiess: «Ich muss ewiglich wandern, wandern in den Adern der andern. Immerzu wandern!» Stefan lies das Erlebnis nicht los und als er Hubert eine Weile später traf, fragte er ihn ob unsere Vermutung stimmte und er gab ihm recht.

Hubert machte etwas sehr Schönes. Er übergab mir das Buch mit den Worten, «Ich vertraue dir und ich werde mich bis zur Premiere nicht einmischen. Geh sorgsam damit um und tue mit ihm, was du tun musst!» 

Zu Beginn des Projektes «Tenebrae» hatte ich viele unbeantwortete Fragen, doch ich verlies mich auf meine Intuition und mein Team. Ich musste diese Fragen nicht sofort beantworten und gab ihnen Zeit!

Das bedeutet viel Arbeit! Man muss auf so viele Kleinigkeiten achten bis solch ein Puzzle namens «Theaterstück» zusammenfindet. Und oftmals ist es auch eine Qual, vor allem für die, die das Licht am Ende des Tunnels nicht sehen. Hierbei ist es so wichtig, dass alle einem vertrauen! Und dieses Vertrauen bekam ich. Vor allem von den Schauspielern. Was haben die geprobt, was haben die gelitten aber was haben wir auch für einen Spass gehabt.

Nachdem das Puzzle langsam Gestalt angenommen hatte, merkte ich erst, wie aktuell wir waren. Die Idee des Theaterstückes war, irgendein Dorf spielt zu Ehren des Herrn die Passion alle 10 Jahre. Vorbild war hierbei Oberammergau. Der Bürgermeister und der Pfarrer bestimmten das Cast und keiner durfte die Bürde der Rolle ablehnen und musste die zugeteilte Rolle spielen.

Alles beginnt sehr fröhlich und man ist gespannt, wer wird welche Rolle bekommen. Einem Volksfest gleich werden auf dem Dorfplatz die Rollen bekannt gegeben und man feiert die Protagonisten. Die Proben beginnen und man hat viel Spass dabei. Aber im Dorf herrscht Unfrieden, denn es gibt eine Asylantenbaracke und man möchte mit dem «Gesindel» eigentlich nichts zu tun haben und hofft, dass sie schnell wieder verschwinden. Doch man vermutet, dass noch mehr Asylanten kommen könnten und das möchte man dem Dorfrieden zu liebe unbedingt vermeiden. Die Ressentiments und Vorurteile gleichen ganz klar den heutigen.

Während einer Probe in Kostümen fährt plötzlich ein LKW, vollbeladen mit Menschen, die von Lampedusa aus geflohen sind, ins Dorf hinein. Diese Asylanten hatten versucht, über den Pass vor dem Dorf, nach Zentraleuropa vorzudringen. Sie wurden an der Grenze festgenommen und eben in dieses Dorf gebracht. Und nun nimmt alles seinen Lauf und die Rollen verschmelzen mit den leibhaftigen Menschen (Jesus zu Jesus, Judas zu Judas, etc.). Dies war so authentisch, dass manch Schauspieler während den Proben und Aufführungen wirkliche Probleme mit seiner eigenen Identität bekam.

Als die politische Flüchtlingssituation in Europa aufgrund des beginnenden Kriegs in Syrien, zum Tagesthema wurde, war unser Stück aktueller denn je. In der Schweiz demonstrierte man vor Asylbewohnerheime und niemand wollte sie haben. Eine bessere aktuellere Doppelmoral konnte Hubert Theler nicht kreieren. «Man mimt den guten Christen und ist in der Realität so weit von ihm entfernt.» Und dies gilt leider bis heute!

In meiner Inszenierung hielt ich mich sehr an die Vorgabe von Hubert Theler, auch versuchte ich, schöne, klassische Bilder zu inszenieren und orientierte mich hierbei ganz genau an der Grundpassion. 

Das Abendmahl war hierbei ein Meilenstein!!!Es war eines meiner Lieblingsbilder zusammen mit dem Schlussbild, bei dem ich jeden Abend Tränen vergoss, weil es mich so berührt hatte.

Doch war der Weg bis zur Premiere noch weit. Sehr weit! Erst während den Proben merkte ich, dass das Stück über 3 Stunden ging und musste es kürzen. 

Auch hatte sich die Urfassung von Hubert Theler gewaltig verändert und fast alle Dialoge und Monologe wurden umgearbeitet und für die Schauspieler mundgerecht gemacht und individuell auf Sie zugeschnitten. Bis zum Schluss!!! 

Auch die Technik stellte uns vor grosse Herausforderungen. Würde das alles klappen? Licht, Ton, die Kostüme, das wunderschöne Bühnenbild von Peter Klein, die fantastische Musik von Tobias Salzgeber die er extra hierfür komponierte, die Tribüne und, und und?

Doch war der Weg bis zur Premiere noch weit. Sehr weit! Erst während den Proben merkte ich, dass das Stück über 3 Stunden ging und musste es kürzen. 

Auch hatte sich die Urfassung von Hubert Theler gewaltig verändert und fast alle Dialoge und Monologe wurden umgearbeitet und für die Schauspieler mundgerecht gemacht und individuell auf Sie zugeschnitten. Bis zum Schluss!!! 

Auch die Technik stellte uns vor grosse Herausforderungen. Würde das alles klappen? Licht, Ton, die Kostüme, das wunderschöne Bühnenbild von Peter Klein, die fantastische Musik von Tobias Salzgeber die er extra hierfür komponierte, die Tribüne und, und und?

Und wie es klappte!!! Alle Fragen und Probleme wurden brillant gelöst und wir waren jeden Abend ausverkauft und das Publikum ging berührt und zufrieden nach Hause. Dies lag einzig und alleine daran, dass jeder aber auch wirklich jeder, diesem Stück zum Glanz verhalf! Es gab keinen Star, denn es gab kein Platz für Egoismen und Eitelkeiten, sondern nur ein «Wir»! Und das machte «Tenebrae» so einmalig und erfolgreich. Tenebrae steht heute, nicht wie der Titel übersetzt heisst; für «Dunkelheit» sondern erstrahlt in meinem Herzen wie ein Glanzlicht, das niemals verglühen wird! Ich danke allen von ganzem Herzen die zum Erfolg dieses Stückes beigetragen haben. Bravo Raron!

- Karim Habli, Regisseur